In der Finanzlektion der Woche erkläre ich dir, was die Fibonacci-Retracements sind und wie du diese für dein Trading nutzen kannst. Außerdem werfe ich einen Blick zurück auf die Kalenderwochen 40-42 / 2019, verrate dir, was sich in meinem Depot getan hat und welche Entwicklung ich für den Aktienmarkt und den Goldmarkt für die kommende Woche sehe.

Finanzlektion der Woche – Fibonacci-Retracements

Wenn du dich eingehender mit Chartanalyse beschäftigst, wirst du früher oder später über Fibonacci-Retracements stolpern. Diese für einige recht magisch wirkende Zonen sind ein wirklich spannendes Hilfsmittel, um Trendwenden zu handeln und potentielle Wendemarken in Kursverläufen zu identifizieren.

Wer sich schon einmal mit der Fotografie, mit Kunst oder einfach nur mit Mathematik beschäftigt hat, der kennt sicherlich die Fibonacci-Folge, die nach Leonardo Fibonacci benannt wurde.

Um die Folge aufzustellen, addiert man einfach immer die zwei aufeinander folgenden Zahlen, beginnend mit zweimal der Zahl 1 (oder wahlweise auch mit 0 & 1).

So ergibt sich die folgende, sich ins unendliche fortsetzende Zahlenreihe:

1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, …

Das Spannende an dieser Reihe ist, dass sich damit Verhältnisse wie der Goldene Schnitt finden und beschreiben lassen – ein Verhältnis, das besonders harmonisch wirkt und zudem vielfältig in der Natur auffindbar ist.

Der Goldene Schnitt ist das Teilungsverhältnis einer Größe, bei dem das Verhältnis des Ganzen zu seinem größeren Teil dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil gleich ist.

Als Formal lautet es: (a + b) : a = a : b

Das mathematische Symbol für die Goldene Zahl lautet Phi. Phi ist eine irrationale Zahl, die den Wert 1,618033… entspricht.

Und damit sind wir auch schon bei den Fibonacci-Retracements. Die Schönheit und die Harmonie dieses Verhältnisses findet sich nämlich auch in Börsencharts mannigfaltig wieder.

Die bekanntesten Fibonacci-Retracements, die sich aus der Fibonacci-Folge ableiten sind 38,2%, 50% und 61,8%. In der technischen Analyse bezeichnet man Kurskorrekturen an bestimmten Widerstands- und Unterstützungslinien, die auf diesen Retracements basieren als Fibonacci-Retracements.

Wie du ja schon gelernt hast, besteht eine Kursbewegung, ein Trend, fortlaufend aus impulsiven Progressionsbewegungen und korrektiven Regressionsbewegungen, die die vorangegangene Kursbewegung wieder zu einem bestimmten Prozentsatz korrigieren, sprich ihr entgegenlaufen. Interessanter Weise laufen diese Korrekturen sehr häufig ziemlich genau an die Fibonacci-Retracements, um dann dort umzukehren und eine weitere Impulsbewegung in Trendrichtung zu starten.

Es werden oft also 61,8% oder 50% oder auch nur 38,2% der vorangegangenen Bewegung korrigiert. Das ist natürlich nicht immer so und sollte auch nie ein alleiniges Merkmal für eine Trading Entscheidung sein. Aber da die Fibonacci-Retracements sehr verbreitet sind und eine Vielzahl an Marktteilnehmern diese berücksichtigen und beachten, finden sich eben doch gerade in diesen Bereichen oft gute Chancen für eine Umkehrbewegung, die entsprechend gehandelt werden kann. Finden sich zum Beispiel außerdem entsprechende Trendumkehrkerzen oder weitere wichtige Widerstands- oder Unterstützungslinien im Bereich eines Fibonacci-Retracements, so lohnt sich unter Umständen genau in diesem Bereich ein Einstieg in die vermutete nachfolgende Gegenbewegung in Trendrichtung.

Ein schönes Beispiel dafür bildet aktuell der Silber Chart:

fibonacci-retracements-silber-chart

Die starke Aufwärtsbewegung führte Silber von 14,3 USD bis auf ca. 19,65 USD. Danach startete eine weniger steile Korrekturbewegung, die Silber bis an das 50% Korrekturlevel führte. Die Chancen stehen gut, dass Silber nun aus dem Dreieck nach oben ausbrechen wird und die Korrektur bereits beendet ist. Aber trotzdem ist Vorsicht geboten. Es ist gut möglich, dass Silber noch eine weitere Abwärtsbewegung vollführt, die dann vielleicht bis auf das 61,8% Korrekturlevel führt. Hier kann dann erneut auf eine Trendumkehr spekuliert werden, so denn auch andere Indikatoren auf den Trendwechsel hindeuten.

Ein weiteres Beispiel ist der Gold Chart:

fibonacci-retracements-gold-chart

Legt man einmal die Fibonacci-Retracements an die letzte Aufwärtswelle an, so ist zu erkennen, dass Gold innerhalb einer Flagge bereits bis an das 61,8% Korrekturlevel gelaufen ist. Auch hier stehen die Chancen gut, dass wir dort bereits das kurzfristige Tief gesehen haben.

Aber man kann mit Fibonacci-Retracements sogar noch mehr anfangen. Man kann nämlich auch Kursziele in Trendrichtung mit ihnen bestimmen. Dazu legt man die letzte, vollständige Aufwärtsbewegung als 100% Retracement fest. Nach erfolgter Korrektur und Wiederaufnahme der Aufwärtsbewegung (funktioniert abwärts natürlich genauso), stehen die Chancen gut, dass der Kurs nun bis zur 161,8% Extension oder der 261,8% Extension läuft.

Auch hier lässt sich wieder der aktuelle Chart von Gold als Beispiel heranziehen:

fibonacci-retracements-gold-chart-2

Man sieht schön, dass die erste Aufwärtsbewegung nach der großen, mehrjährigen Korrektur bis etwa 38,2% korrigiert wurde. Danach setzte eine weitere starke Aufwärtswelle ein, die Gold bis auf 1.550 USD hievte, was sogar deutlich über dem 161,8% Retracement lag. Die folgende Korrektur, in der sich Gold aktuell befindet, führte annähernd bis auf eben dieses Niveau zurück. Ich halte aufgrund dessen einen weiteren Aufwärtsimpuls bis an das 261,8% Retracement bei ca. 1.650 USD für durchaus nicht unwahrscheinlich. Wir werden sehen.

Übrigens lässt sich mit den Fibonacci-Zahlen noch mehr Spannendes anstellen, in dem man sie auf der zeitlichen Ebene anwendet.

Auch dort finden sich Fibonacci-Verhältnisse und Retracements immer wieder an markanten Umkehrpunkten. Nachfolgend noch einmal der Gold-Chart. Dieses Mal habe ich eine Fibonacci-Projektion an den Tiefpunkt der Untertasse gelegt und siehe da, die erste Aufwärtsbewegung wurde nicht nur von der Kurshöhe mit 38,2% korrigiert, sondern auch noch zeitlich ebenfalls in 38,2% der Zeit der Aufwärtsbewegung. Der letzte Hochpunkt findet sich erneut fast als Punktlandung bei 100%. Ob wohl das erwähnte Ziel des 261,8% Retracements tatsächlich zeitlich als 161,8% getroffen werden wird? Möglich ist es.

fibonacci-projection-gold-chart

Es lassen sich also nicht nur Kursziele definieren, sondern auch zeitliche Ziele, an denen wichtige Wendpunkte stattfinden können. Verrückt, oder? Natürlich sei erwähnt – an der Börse gilt immer – alles kann, nichts muss. Aber es ist schon erstaunlich, wie oft wichtige Wendepunkte tatsächlich mit Fibonacci-Retracements zusammenfallen und wie oft sich sich die Fibonacci-Folge eben auch in Börsencharts auffinden lässt.

Kurz noch einmal zusammenfassend die wichtigsten Fibonacci-Level für die Chartanalyse:

  • Fibonacci-Retracements: [23,6%] – 38,2% – 50% – 61,8% – [76,4%] – 100%
  • Fibonacci-Extensions: [138,2%] – 161,8% – [200%] – 261,8% – [423,6%]

[Die unbedeutenderen habe ich mal in Klammern gesetzt.]

 

Die Börsenwoche im Rückblick

Chartanalyse Dow Jones

Der Dow Jones blieb sich in den letzten 3 Wochen treu und verharrt weiter in der Dreiecksformation innerhalb der großen übergeordneten trompetenartigen Formation. Ein von mir erwarteter starker Ausverkauf wurde wieder einmal im Laufe der Woche fast vollständig zurückgekauft, so dass in KW 40 ein Hammer entstand. Dem folgte eine weitere Hammer ähnliche Kerze mit positivem Kerzenkörper, die es fast zu einem nun aber wenig aussagekräftigen bullischen Engulfing geschafft hätte. In der letzten Woche reiht sich nun noch ein Gravestone ein, der für sich genommen wieder auf fallende Kurse deutet. Nun ja, man darf gespannt sein, zu welcher Seite hin der Dow Jones die Konsoliderung auflösen wird.

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Im Tageschart sieht man schön das Auf und Ab der letzten Wochen. Ein Doji letzten Donnerstag mit folgender, negativer Trendkerze lassen nun wieder fallende Kurse vermuten. Solange der Dow aber in der Konsolidierung feststeckt, sind diese Umkehrkerzen meist wenig bedeutsam. Ich vermute, das Hin und Her geht noch ein welchen weiter – zumindest solange, bis sich im Brexit Theater endlich eine Ende anbahnt. Denn die Briten haben es ja heute mal wieder geschafft, die entscheidende Abstimmung zu verschieben. Was für ein Endlos-Theater. Aber zurück zum Chart. Das nächste Ziel auf der Unterseite dürfte nun wieder die untere Begrenzungslinie bei aktuell knapp unter 26.000 Punkten sein.

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Chartanalyse Gold

Auch der Goldkurs steckt noch immer in der Flagge fest, die sich nun weiter manifestiert hat. Sollte das bisherige Tief bei ca. 1.460 USD halten – es wurde in Form einer Lunte in KW 40 ausgebildet, so stehen die Chancen gut, dass die Flagge bald verlassen wird. Eine negative Trendkerze in KW 41, die zugleich ein bärisches Engulfing bildete, wurde in der letzten Woche nicht bestätigt. Hier einstand mehr oder weniger ein Doji, das Unsicherheit über den weiteren Verlauf anzeigt.

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Im Tageschart ist schön zu sehen, dass die SKS-ähnliche Formation zwar zunächst nach unten aufgelöst wurde, aber sich nach nur 2 Tagen doch als Bärenfalle erwies, als Gold sofort wieder über die Nackenlinie sprang. Es folgte ein kleines Doppelhoch, dessen folgende Abwärtsbewegung aber keinen Impulscharakter entwickelte. Auch hier heißt es nun geduldig ein Ende der Konsolidierung abzuwarten. Die Flagge und ihr flacher Verlauf lassen für mich die Chancen auf Fortsetzung des Aufwärtstrends wahrscheinlicher wirken.

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Trendbarometer

Langfristig Mittelfristig Kurzfristig
Dow Jones
Gold

 

Depotänderungen

Im Depot gab es keine größeren Veränderungen. Während das Silber- und das Gold-Zertifkat leicht zulegten, fiel mein Tradingkonto etwas ab. Letzteres macht mir aber keine großen Sorgen, denn das ist typisch für das Handeln innerhalb einer Korrektur. Am besten wäre es, diese vollständig abzuwarten, aber so ganz möchte ich nicht auf das Traden verzichten. Ich habe daher einfach die Positionsgrößen runtergefahren. Erst bei Ausbruch aus den Korrekturbewegungen, fahre ich diese wieder höher.

Am Rande erwähnt – vom britischen Pfund lasse ich aktuell vollständig die Finger, denn hier zu spekulieren ist reines Gamling. Zu unklar ist der Ausgang des Brexit-Theaters Londons. Sollte es einen Deal geben, dürfte das fürs Pfund und für den Euro eher positiver sein, als ein Brexit ohne Deal. Langfristig gehe ich aber davon aus, dass das Pfund verliert – so oder so.

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Börsenausblick auf die kommende Woche

Beim Gold gehe ich von einem baldigen Ende der Korrektur und einer Auflösung nach oben aus. Die Flagge riecht aktuell nach einer Trendfortsetzung und im Falle des Verlassens nach oben, dürfte der Widerstand bei rund 1.550 USD bald Geschichte sein. Allerdings kann Gold durchaus auch noch 2-3 Wochen weiter in der Flagge verharren. Damit einher gehen würden vermutlich erneut Kurse um die 1.450 USD oder tiefer.

Auch Silber ist fast in der Spitze eines großen Dreiecks angekommen. Ein Ausbruch in der nächsten Woche in einer der beiden Richtungen ist also durchaus wahrscheinlich. Tendenziell sehe ich mehr Chancen auf der Oberseite.

Der Dow Jones steckt ebenfalls in der Konsolidierung – allerdings mit weniger klarem Ausgang. Ich halte sowohl eine Auflösung nach unten als auch eine Fortsetzung des Aufwärtstrends für gleich wahrscheinlich. Für eine positive Fortsetzung sprechen Sentimentsdaten und der Fakt, dass Dax und Nikkei bereits neue Jahreshochs ausbilden konnten. Für negativ halte ich nach wie vor die aktuellen Wirtschaftsdaten und das politische Chaos, das Trump anrichtet.

Gut möglich, dass der Dow also noch eine ganze Weile weiter seitwärts schiebt, bevor das Wahljahr 2020 vermutlich wieder steigende Kurse mit sich bringt. Aktuell würde ich auf keine der beiden Seiten im Dow wetten.

 

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