In diesem Artikel berichte ich dir vom ersten Halbmarathon meines Lebens, wie ich mich darauf vorbereitet habe und wie mir eine kleine Pille fast einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht hätte.
Übersicht
Ob ich wohl mit 45 in der Lage bin, einen Halbmarathon zu laufen? Eine Strecke, die ich nie zuvor am Stück gelaufen bin? Diese Frage schoss mir schon im letzten Jahr bei meinem ersten offiziellen 10 Kilometerlauf im Rahmen des Freiburg Marathons durch den Kopf.
Drum habe ich mich bereits im Herbst für meinen ersten Halbmarathon angemeldet und fleißig trainiert.
Vorbereitung Halbmarathon
Zur Vorbereitung bin ich einfach nur meinem normalen Laufpensum treu geblieben, das ich im Laufe des letzten Jahres auf etwa 130-140 Kilometer pro Monat hochgeschraubt habe. Und so bin ich bereits seit November – dieses Mal zum Glück pausen- und verletzungsfrei – brav und mit viel guter Laune jeden zweiten Tag 10 Kilometer gelaufen. Ende des jeweiligen Monats habe ich die Strecken ein wenig reduziert, um nicht über die 140 Kilometer pro Monat hinauszuschießen. Alles deutlich über 140 Kilometer pro Monat hat im letzten Jahr mehrmals zu kleinen Verletzungspausen geführt. Hier liegt für mich, so habe ich herausgefunden, quasi die gesunde Wohlfühlgrenze.
Erst in den letzten 6 Wochen vor dem geplanten Halbmarathon habe ich mein Training ein wenig spezifischer gestaltet und begonnen, die Läufe unterschiedlich lang und unterschiedlich schnell zu gestalten. Dabei bin ich einem strikten Plan gefolgt, der das Training wöchentlich gesteigert hat und am Ende eine Tapering Phase vorsah.
Den längsten Lauf bin ich dabei bereits Anfang März mit 18 Kilometern gelaufen. Dafür habe ich ziemlich genau 2 Stunden gebraucht bei einer Durchschnittszeit von 6:35 pro Kilometer. Das hat mich mega positiv gestimmt, dass der Halbmarathon gut machbar ist, zumal ich am Ende sogar noch Reserven gehabt hätte und gesprintet bin.
Stellte sich nun nur die Frage, welches Tempo ich beim Halbmarathon anvisieren sollte. Ich habe die folgenden schnellen Trainingsläufe also genutzt, um mich an meine Wohlfühlzeit heranzutasten. Mein Kopf würde ja am liebsten eine Zeit unter 2 Stunden laufen – aber ich habe bei einem entsprechenden Lauf im notwendigen Tempo schnell gemerkt, dass das keine gute Idee ist, da ich nach einigen Kilometern merklich eingebrochen bin und mein Puls deutlich höher lag, als ich das eigentlich für gut halte.
Ergo habe ich durch Pulskontrolle und Herantasten an mein Wettkampftempo für mich herausgefunden, dass 6:10 – 6:30 etwa der Bereich ist, den ich bei guten Bedingungen und wenn alles passt, in der Lage sein sollte, laufen zu können.
Mein Ideal-Ziel habe ich mir daher auf 2:15 Stunden gesetzt, wenn‘s richtig gut läuft, sollten sogar 2:10 Stunden drin sein. Das entspricht etwa einer Kilometerzeit vom im Schnitt 6:10 bis 6:25 pro Kilometer.
Als nächstes habe ich mich mit dem Streckenprofil beschäftigt und herausgefunden, dass die ersten 4 Kilometer leicht bergab gehen, dann geht es etwa 10 Kilometer leicht bergauf, dann bis ins Ziel wieder leicht bergab.
Ich werde also versuchen, auf den ersten 4 Kilometer irgendwas zwischen 6:00 und 6:15 zu laufen. Mit etwas Glück kann ich mich an den 4:15 Pacer für den Marathon hängen. Dann werde ich ein wenig zurückschalten, um dann hoffentlich, die letzten 6 Kilometer nochmal Gas geben zu können. Mal schauen, ob der Plan aufgeht und wie mein Heuschnupfen dabei mitspielt. Denn seit ein paar Tagen kitzelt es mich doch schon wieder ordentlich in der Nase.
Ernährungstechnisch habe ich mich einfach 2 Tage vor dem Wettkampf vor allem auf leicht Verdauliches und Nudelgerichte konzentriert, um die Kohlenhydrate-Speicher aufzufüllen. Außerdem habe ich bewusst viel getrunken, zumal es am Wochenende des Wettkampfs plötzlich unterwartet warm werden soll. Mir wären ja so 15 Grad am liebsten gewesen!
Trainiert habe ich in der letzten Woche dann quasi kaum noch. 2 kurze 4 Kilometerläufe, einer schneller, der andere langsam, waren alles. Denn solch eine Tapering Phase ist wichtig vor einem Wettkampf, so dass der Körper dann ausgeruht und in Höchstform ist. Und bis auf den beginnenden Heuschnupfen, der begann mich richtig zu nerven, fühlte ich mich tatsächlich super.
Nach langem Hin- und Herüberlegen habe ich mich daher entschieden, am Abend vor dem Halbmarathon eine Reactin einzuwerfen, auch wenn ich das nur ungern mache, da meiner Recherche nach, solch eine Allergietablette einfach ein wenig Leistungspotential rauben kann und nicht ideal ist in Kombination mit körperlicher Höchstleistung. Aber eine am Band laufende Nase und Niesen ohne Ende, sind sicher ebenfalls nicht grad Garanten für eine gute Zeit.
Aber egal, wie es kommt, ich habe mir vor allem vorgenommen, den Lauf zu genießen. Am Ende ist die Zeit völlig zweitrangig für mich, auch wenn ich mich schon gern selbst auch ein wenig challengen möchte.
Ich freue mich jedenfalls tierisch auf meinen ersten Halbmarathon! Und das mit 45 Jahren. Zeit wird’s!
Super Sparrow Halbmaraton Freiburg – der Tag der Wahrheit
Am Tag des Wettkampfes stehe ich schon um 6:45 Uhr auf, um in Ruhe ein wenig frühstücken und mich vorbereiten zu können. Ich habe mich lange auf diesen Tag gefreut und bin so gut vorbereitet, wie nur eben möglich. Leider sollte heute trotzdem so einiges nicht nach Plan laufen.
Den ersten Schreck bietet der Blick aufs Außenthermometer. 20 Grad! Und das vor 7 Uhr? Unfassbar, 5 Monate bei deutlich geringeren Temperaturen trainiert und dann kommt ausgerechnet heute der Sommer um die Ecke? Krass.
Ich trinke also gut und esse 2 Toastbrote mit Marmelade und dann geht es auch schon bald los. Gegen 8 Uhr bin ich am Messegelände in der Annahme, sicher einen Parkplatz zu bekommen. Aber wow – der ist bereits fast voll! Ich habe aber Glück und komme grad noch drauf.
Ganz in Ruhe schaue ich mich um und laufe mich dann 15 Minuten ganz langsam mit Slow Jogging warm, gehe nochmal aufs Örtchen, während bereits Tausende Leute auf dem Gelände rumwuseln. Über 13.000 Teilnehmer hat das Event heute. Wahnsinn!
Langsam macht sich Aufregung breit und Punkt 9:30 stehen mehr als 10.000 Läufer in den 5 Startblöcken, um Halbmarathon oder Marathon in Angriff zu nehmen.
Ich stehe im Block D, dem „Partyblock“!
Startschuss.
Es herrscht eine grandiose Stimmung von Anfang an. Um 10:00 Uhr laufe auch ich über die Startlinie. Vorfreude pur, zumal ich mir einen guten Plan zurechtgelegt habe. Langsam beginnen, indem ich einem Pacer folge, die erste Hälfte bei Puls unter 165 so 6:10 pro km laufen und die zweite Hälfte mit Puls bis 170 einen Tick Geschwindigkeit zulegen, Endspurt auf dem letzten Kilometer.
Soweit der Plan. Tja, dumm nur, dass mein erster Blick auf die Uhr nach knapp einem Kilometer trotz langsamen Tempos einen Puls von 176 anzeigt! Schock! Spinnt meine Uhr? Ich nehme sie kurz im Lauf ab und lege sie wieder um. Leider kein Anzeigefehler. Ich werde sofort langsamer, aber der Puls will einfach nicht sinken. Das kann heute ganz übel enden, schwant mir sofort! Ich bereue augenblicklich schwer, mich für die Allergietablette entschieden zu haben, der ich im Nachhinein die Schuld an meinem hohen Puls gebe, da schon mein Ruhepuls letzte Nacht nach Einnahme irgendwie höher als sonst war. Waren es am Vortag noch 58-62 Schläge im Schlaf, waren es nach der Tablette letzte Nacht 62-70.
Mit solch einem heftigen Effekt auf meinen Körper habe ich nicht gerechnet.
Die Aussage mag nicht allgemeingültig gelten, aber ich für mich habe herausgefunden, dass mein Körper auf eine Reactin heftig reagiert. Zwar werden zuverlässig alle Heuschnupfensymptome unterdrückt, aber die Allergietablette führt bei mir zu erhöhtem Puls und geht in Kombination mit hoher körperlicher Anstrengung stark auf den Kreislauf. Den Anfängerfehler, etwas vor / während einem Wettkampf zu ändern bzw. zu tun, was ich nicht zuvor bereits ausprobiert und durchgespielt habe, werde ich so jedenfalls nie wieder machen. War ein klarer Fehler.
Aber was soll’s. Ist nun wie es ist. Augen zu und durch. Ich laufe einfach weiter und hoffe das Beste, schreibe aber sofort jegliche Zeitvorstellung ab und versuche weiter das Tempo zu reduzieren. Mir ist sofort klar, dass das in der zweiten Hälfte des Laufes ganz übel mit Muskelkrämpfen oder Schlimmeren enden kann, da ich nun von Anfang an im anaeroben Bereich laufe, den ich eigentlich komplett vermeiden wollte.
Das geht bis ca. Kilometer 8 ganz gut. Aber der Puls bleibt konsequent bei um die 175, stellenweise über 180. Dazu ist zu sagen, dass mein maximaler Puls bei ca. 192 liegt. Mein geplanter Zielpuls knapp unter 90% des Maximalpulses, den ich eigentlich laufen wollte, liegt bei unter 172. Ich laufe also von Anfang an in dem Bereich, in dem Laktat produziert wird. Nicht gut. Kann nur schief gehen. Aber selbst kurze Gehpausen an den Wasserstationen und regelmäßiges Trinken helfen nicht. Mein Puls bleibt oben und will einfach nicht unter 170 sinken. Ganz im Gegenteil.
Ab Kilometer 9 merke ich dann auch noch, dass ich mir eine Blase laufe – und das obwohl ich meine Lieblingslaufschuhe trage, in 800 Kilometern nicht eine Blase hatte, am Morgen die Füße wie immer mit Anti-Shafing Gel präpariert habe und gut eingelaufene Socken trage. Wenn’s schief läuft, dann aber richtig. Egal. Weiter geht’s.
Die Stimmung an der Strecke ist phänomenal. Überall Musik, Party auf den Balkonen, tausende anfeuernde Zuschauer, Applaus, Anfeuerungen – einfach genial. Trotzdem kann ich es nicht so richtig genießen, denn ab Kilometer 13 wird es richtig hart. Während mich die ersten schnellen Marathonläufer bereits überrunden, fange ich an zu kämpfen. Die Beine werden schwerer, der Kreislauf läuft am Anschlag, es ist heiß. Aber aufgeben ist nicht. Ich beiße mich immer langsamer werdend weiter durch, während ich ein Pfeifen auf dem Ohr bekomme. Oo, ich weiß genau, dass ein Kreislaufkollaps genau so gern anfängt. Habe ich zuletzt mit 20 beim Bund erlebt, als ich am ersten Tag fast zusammengeklappt wäre.
Noch 6 Kilometer. Ich laufe fast wie in Trance. Noch 5. Ich beiße. Inzwischen geht es nur noch ums Ankommen. Die Zeit ist mir nun völlig egal. 2:15 sind längst außer Reichweite. Selbst 2:30 werden kaum mehr möglich sein. Aber das Wichtigste – nur nicht im RKW landen! Ich schlucke also meinen Stolz hinunter und laufe noch langsamer. Es geht durchs Schwabentor, dann durch die Altstadt. Kopfsteinpflaster und Straßenbahnschienen fordern nun einiges an Konzentration bei mir. Vor der Uni nehme ich noch das Spendentor mit. Und irgendwie geht es immer weiter.
Die letzten Anstiege schalte ich gefühlt fast in den Rückwärtsgang. Kilometer 20 in 9 statt 6 Minuten. Mein Sichtfeld schwindet. Kilometer 21 brauche ich 10 Minuten, statt geplanter 5:30. Die letzte Kurve. Zielgerade. Noch einmal ein wenig Tempo aufnehmen fürs Zielfoto. Nur nicht umkippen.
Und irgendwie schaffe ich es. Yes!
Erholung & Verpflegung nach dem Lauf
Der erste Halbmarathon meines Lebens im Alter von 45 Jahren! Und ich habe ihn gefinished – wenn auch ganz anders und viel langsamer als geplant. Nachdem ich erst seit 4 Jahren intensiver das Laufen begonnen habe, bin ich aber mega stolz, als mir die Medaille umgehängt wird. Ich merke allerdings auch, dass ich kurz vorm Umkippen bin. Ich höre kaum noch etwas. Meine Sicht verschwimmt leicht. Ich suche mir eine Bank in der Verpflegungshalle und schnaufe 10 Minuten lang einfach nur durch. Dann ein erstes isotonisches Getränk. Eine Banane. Langsam wird‘s besser.
Fazit Halbmarathon Freiburg 2024
Oh man, der Lauf verlief so gar nicht, wie geplant. Die Reactin am Vorabend war anscheinend eine saudumme Idee. Dazu das heiße Wetter und die ungewohnte lange Distanz. Das war echt heftig. Aber letztlich bin ich nur unfassbar froh, dass ich angekommen bin. Und hey, immerhin waren rund 500 Halbmarathonläufer sogar langsamer als ich, wie ich später herausfinde. Gefühlt war ich nämlich einer der Letzten. Meine Zielzeit habe ich um über 20 Minuten verfehlt. Schade, da die Vorbereitung echt gut war und ich mich auch supergut gefühlt habe. Aber den Faktor Allergie plus Wetter plus die Wirkung einer simplen Reactin hatte ich nicht auf dem Radar. Letztendlich bin ich froh, dass ich trotz des viel zu hohen Pulses irgendwie durchgekommen bin.
Aber nächstes Jahr wird besser laufen, nehme ich mir sofort vor. Solch einen Anfängerfehler mache ich nicht zwei Mal. Dann lieber doch Niesen & Nase beim Laufen!
Der Freiburg Marathon selbst war wie jedes Jahr super organisiert. Von den Informationen vorab, über Anmeldung, Startnummern-Abholung, Lauf, Verpflegung, Infrastruktur & Versorgung bis hin zur Zielverpflegung nach dem Lauf und den Urkunden, Medaillen und Fotos hat wieder alles wie ein Uhrwerk funktioniert. Hut ab!
10 Kilometer Lauf
Entspannt setze ich mich raus vor die Halle, um auf Susi zu warten, die knapp eine Stunde nach meinem Zieleinlauf die 10 Kilometer finished. Auch auf sie bin ich mega stolz. Wenn uns das einer vor 20 Jahren gesagt hätte, dass wir als Ausdauersportnieten mal 10 bzw 21 Kilometer bei einem Marathonevent laufen würden – ich hätte ihn ausgelacht!
Und so endet dieser Tag ziemlich platt, um einiges an Erfahrung und zwei tolle Finisher-Medaillen reicher, aber auch ziemlich k.o. mit einer Pizza und hoch gelegten Beinen auf der Couch daheim!
Trotzdem sind wir super zufrieden, dass wir es gepackt haben. Nächstes Jahr ist Team Rennschnecken beim 20-jähringen Jubiläum des Freiburg Marathons definitiv wieder am Start!
Wir freuen uns drauf!
Glückwunsch, trotz allem tolle Leistung!
Lieben Dank! :)