Ich nehme dich in diesem Fotowalk mit auf einen Spaziergang durch London bei Nacht. Da wir direkt im Viertel Southwark Quartier hatten, führte mich mein Weg vorbei an The Shard über die London Bridge, dann am nördlichen Ufer entlang der Themse Richtung Tower of London, über die Tower Bridge und schließlich am südlichen Ufer vorbei an der City Hall wieder zurück an meinen Ausgangspunkt. Wie immer stelle ich dir die 15 schönsten Bilder dieses fotografischen Spazierganges näher vor.
Verwendete Ausrüstung
Bei allen Aufnahmen arbeite ich mit Langzeitaufnahmen vom Stativ. Bildstabilisator ist deaktiviert. Auf die Spiegelvorauslösung verzichte ich, da ohnehin ein wenig Wind weht und das Stativ trotz Abschirmung nicht immer hundertprozentig ruhig steht.
London bei Nacht
Das Bürogebäude am nördlichen Ufer der Themse war mir schon bei Tag aufgefallen. Bei Nacht übt es sogar noch mehr Faszination auf mich aus. Fast wie aus Legos zusammengebaut wirkt es mit den vielen Würfeln und der sehr speziellen Architektur. Einige Stockwerke sind noch beleuchtet. Leider stehe ich sehr nah vor dem Gebäude und kann dank Themse auch nicht weiter zurück. Selbst mit einem Weitwinkel würde es schwierig werden, da die Linien viel zu sehr verzerrt werden würde. Kurzerhand entschließe ich mich, die Kamera einfach schräg zu halten und zwar derart, dass die obere Kante des Gebäudes exakt parallel zum Bildausschnitt verläuft – obwohl ich nicht direkt vor dem Gebäude, sondern etwas seitlich davon stehe. Nur so bekomme ich genügend von der spannenden Architektur aufs Bild.
Als nächstes laufe ich einen schönen, gut beleuchteten Weg direkt am Ufer der Themse entlang. Die Laternen möchte ich unbedingt mit schönen Lichtsternen in Szene setzen. Ich wähle also eine geschlossene Blende aus und versuche, gleichzeitig auch die schöne Tower Bridge mit aufs Bild zu bekommen. Die markante Linie, die durch die beleuchtete Straßenführung über die Brücke entsteht, lege ich auf die obere Drittellinie. Das Geländer am Weg lasse ich schräg durchs Bild laufen, um die Laternen zu betonen und das Auge zu führen – zunächst entlang der Laternen und dann nach rechts Richtung Tower Bridge.
Als ich der Tower Bridge langsam näher komme, versuche ich, sie in gesamter Länge in Szene zu setzen. Ich experimentiere damit, die Straße auf die untere oder die obere Drittellinie zu legen, bin aber in beiden Fällen unzufrieden mit dem Ergebnis. Am Ende vertraue ich meinem Gefühl und platziere die Brücke so, dass das Wasser der Themse etwas mehr als ein Drittel einnimmt. Ein Baum am linken Bildrand bringt zudem noch ein wenig mehr Spannung ins Bild.
Bei der Aufnahme des Towers überlege ich nicht lange. Ich baue mein Stativ einfach direkt davor auf und zoome ins Bild, um die vielen Fußgänger auf dem Weg vor dem Tower nicht mit ins Bild zu nehmen. Die Oberkanten der umgebenden Mauern versuche ich möglichst waagerecht auszurichten. Die Belichtungszeit wähle ich aufgrund des gut angestrahlten Gebäudes und des immer wieder böigen Windes recht kurz. Ich selbst stelle mich so neben das Stativ, dass ich es möglichst vom Wind abschirme, um Verwacklungen zu vermeiden.
Auch direkt auf der Brücke mache ich einige Aufnahmen. Die Tower Bridge ist an den Türmen stabil genug, um Langzeitaufnahmen machen zu können. Sonst ist das bei Brücken aufgrund von Schwingungen ja oft eher schwierig. Vor allem die City Hall und The Shard gefallen mir sehr. Durch die Belichtungszeit von 20 Sekunden verwischen zudem die Wolken und das Wasser der Themse, so dass die Spiegelungen des Lichts auf dem Wasser gut zur Geltung kommen.
Natürlich versuche ich auch unbedingt, ein paar schöne Leuchtspuren der Fahrzeuge, die über die Tower Bridge fahren, in den Kasten zu bekommen. Am nördlichen Ende stehen an guter Position leider schon ein paar Fotografen mit Stativ, so dass ich es von Süden her probiere. Der Mann am Stand mit den gebrannten Mandeln tut mir ungefragt den Gefallen, sehr ruhig zu stehen. Kurz bevor ein roter Doppeldecker hinter mir auf die Brücke fährt, löse ich aus, so dass ich nicht nur die Scheinwerfer und Rücklichter der Autos aufs Bild bekomme, sondern auch noch die Streifen durch die oben am Bus angebrachten Lichter. Ich finde das cool. Leider erkennt man trotzdem kaum noch, dass mir da ein Doppeldecker durchs Bild gefahren ist. Mir gefällt die Aufnahme aber sehr.
Auch am südlichen Ufer fotografiere ich die Tower Bridge natürlich noch einmal. Ist schon ein sehr majestätischer Anblick – bei Nacht noch mehr als am Tage. Blaues und lila Licht an den Torbögen und den Baskülen sowie grüne Scheinwerfer nahe den Dächern der Türme geben dem Bild noch ein paar schöne Farbtupfer.
Als ich am Ufer zurück Richtung London Bridge laufe, gefällt mir vor allem der Platz neben der City Hall sehr. Der Shard im Hintergrund, die hell beleuchteten Gebäude davor und die geschwungenen, blau beleuchtete Linien auf dem Platz sind toll. Ich experimentiere mit verschiedenen Ausschnitten und Standorten und entscheide mich schließlich für einen, der das Auge durch den Bogen rechts unten im Bild mitnimmt und in Richtung Shard führt, den ich mittig im Bild platziere. Der beleuchtete, unterirdische Bau links im Bild wirkt als Gegengewicht zum markanten, großen Gebäude rechts im Bild.
Und weil sie so schön ist, bekommt die Tower Bridge ein weiteres Bild von mir. Am liebsten hätte ich sie parallel von vorn aufgenommen. Aber da das nicht möglich ist, muss es ein etwas größerer Abstand in Kombination mit etwas mehr Zoom auch tun. Schon ein geniales Bauwerk!
Mein Lieblingsfoto in dieser Nacht ist jedoch das folgende von der City Hall. Die Beleuchtung und die Form gefallen mir extrem gut. Von diesem Standpunkt aus wirkt der obere Teil fast wie eine exakte, pilzförmige Kuppel – obwohl das überhaupt nicht der Fall ist. Zudem kommt die spiralförmige Treppe im Inneren durch die wunderschöne Beleuchtung besonders gut zur Geltung. Dank Belichtungsdauer von 20 Sekunden verschwinden auch die Fußgänger, die mir zwischenzeitlich durchs Bild laufen, fast vollständig. Ich mag dieses Bild total!
Da mir der Weg hier am südlichen Ufer entlang der Themse sehr gefällt, komponiere ich auch hier noch einmal ein Bild mit der Tower Bridge im Hintergrund. Dieses Mal kann ich das Geländer am Ufer der Themse genau von der unteren, linken Bildecke aus ins Bild laufen lassen. Ein paar grüne Farbtupfer eines grün leuchtenden Neon-Baumes geben dem Bild zudem ein wenig mehr Spannung. Die Laternen platziere ich so gut es geht hintereinander, denn sie sollen möglichst wenig von der Brücke ablenken und das Auge auch nicht versehentlich in die falsche Richtung führen.
Als ich an der Hay’s Galleria ankomme, staune ich erneut über das herrliche Innere, dessen Beleuchtung mich nun bei Nacht irgendwie an Weihnachten oder einen Sternenhimmel erinnert. Da viele Menschen unterwegs sind, setzte ich mich am Eingang auf die Treppe und fotografiere schräg nach oben. Die rechten Säulen lasse ich als Diagonale durch die untere, linke Bildecke laufen, die linken Säulen platziere ich parallel zum Bildausschnitt. Warum? Schwer zu sagen. Ich spiele gern mit Linien. Vor allem Parallelen und Diagonalen durch Bildecken mag ich sehr. Und solche einfach mal schräg fotografieren Szenen faszinieren mich einfach.
Von südlichen Ufer aus fotografiere ich nun auch nochmal die Hochhausgruppe am nördlichen Ufer, zu der auch der Wolkenkratzer 20 Fenchurch St mit dem Sky Garden in oberster Etage zählt. Ich platziere es annähernd auf der linken, vertikalen Drittellinie, während die beleuchteten, niedrigen Gebäude in Ufernähe auf der unteren, horizontalen Drittellinie landen. Die Spiegelungen der Laternen auf dem Wasser der Themse gefallen mir ebenfalls sehr, weshalb auch sie mit ins Bild kommen.
Kurz vor Ende meines Rundganges besuche ich noch einmal The Shard, von dem wir ja auch am Tage schon die Aussicht genießen durften, um zu versuchen, das Hochhaus im Querformat möglichst bildfüllend aufnehmen zu können. Mich stört ein wenig der Kran am rechten Bildrand. Zudem ist es schade, dass im oberen Drittel relativ wenig Lichter an sind. Ich habe später versucht, das Bild auch in SW zu bearbeiten, habe damit aber keine schöne Bildwirkung erzielt. Durch den hellen Eingangsbereich und aufgrund des Lichtsternes unten rechts gefällt mir diese, von mehreren erfolgten Aufnahmen am besten.
Da es zwischendurch kurz geregnet hat, ist der Boden inzwischen nass und spiegelt dadurch noch besser. Ich versuche das im Eingangsbereich von The Shard noch auf die Schnelle ein wenig einzufangen und mit dem schönen Schatten durch die Säule rechts im Bild zu kombinieren. Es gelingt mir nur bedingt. Da es schon spät ist und mir inzwischen vom vielen Laufen doch die Füße wehtun, beende ich meinen Fotowalk durch London bei Nacht an dieser Stelle.
Mir hat dieser nächtliche Spaziergang erneut extrem viel Spaß gemacht. Langzeitaufnahmen bei Nacht sind einfach immer wieder etwas Besonderes. Wenn ich dazu dann noch eine spannende Stadt wie London vor die Linse bekommt, dann muss ich das einfach nutzen. Unser Hotel war dazu ideal gelegen. Ich musste für diesen fotografischen Spaziergang nur loslaufen, ohne erst mit Metro & Co. ans Ziel zu gelangen. Danke, London, für diesen schönen Abend!
Mehr Fotos aus London in der Galerie
Warst du auch schon nachts in London oder einer ähnlich faszinierenden Großstadt unterwegs? Was hat dir daran besonders gut gefallen?
Wirklich tolle Bilder – das von der London Bridge (mit den Leuchtspuren) gefällt mir auch extrem gut! lg Martina
Servus,
London ist ja quasi mein zweites Wohnzimmer. Und wann immer ich London bin laufe ich in der Nacht einmal von der Tower Bridge bis zur ehemaligen Battersea Powerstation, sofern das Wetter mitspielt. Im Mudlark lege ich meistens einen kleinen Boxenstop für ein Bier ein.
Und wenn ich mir so Deine Fotos ansehe steigert das extrem meine Vorfreude auf meinen nächsten London Trip im Dezember.
lg
Rainer
Ui, London als zweites Wohnzimmer? Nicht schlecht! Das würde mir auch gefallen! :-D
Grüß mir diese schöne Stadt beim nächsten Besuch! ;-)
LG Michael