Schlägt das Canon 10-22 USM das Canon 10-18 IS STM? Eine gute Frage! Mein Weitwinkelobjektiv der Wahl war bisher immer das 10-18 IS STM, das ich dir vor einiger Zeit ausführlicher vorgestellt habe. Schon beim Kauf damals habe ich heftig geschwankt, ob ich nicht lieber das Canon EF-S 10-22mm 1:3,5-4,5 USM wählen sollte. Nun habe ich dieses endlich auch ausführlich testen können. Die Ergebnisse dieses Tests und insbesondere den Vergleich mit dem Canon 10-18 mm stelle ich dir in diesem Artikel vor.

Zum Bericht über das Canon EF-S 10-18mm 1:4.5-5.6 IS STM

Canon 10-22 USM

Lieferumfang des Canon 10-22 USM

Geliefert wird das Objektiv mit Front- und Rückdeckel, leider jedoch ohne Sonnenblende. Ich empfehle daher bei Kauf gleich noch die Canon EW-83E Gegenlichtblende* dazu zu kaufen, auch wenn sie, wie üblich bei Canon, nicht ganz preiswert ist.


Canon 10-22 USM an der 7D Mark II

Technische Details des Canon 10-22 USM

ProduktbezeichnungCanon EF-S 10-22mm 1:3.5-4.5 USM
Brennweite 10-22 mm
(entspricht 16-35 mm im KB Brennweitenbereich)
Lichtstärke3,5 – 4.5
ObjektiveigenschaftenUSM - Fokusantrieb
Für Kameras mit APS Sensor
Super Spectra Vergütung
Abstandsanzeige
Bildwinkel diagonal107° 30' – 63° 30'
Optischer Aufbau13 Linsen in 10 Gruppen
Naheinstellgrenze24 cm
Größter Abbildungsmaßstab1:5,9
Filterdurchmesser77 mm
Gewichtca. 385 g
ZubehörFrontdeckel, Rückdeckel
Preis aktuellca. 520 Euro (UVP des Herstellers: 689 Euro)
Abmessungenca. 84 x 89 mm
StativschelleNein
Bildstabilisator (Stufen)Nicht vorhanden
AF-MotorUSM

Praxistest

Um ein Gefühl für das Canon 10-22 mm zu bekommen, habe ich es an meine 7D Mark II geschraubt und bin an einem schönen Herbsttag einfach mal los, um vor der Haustür in meiner Umgebung ein paar Bilder aufzunehmen.

Der erste Eindruck

Das Objektiv fühlt sich deutlich wertiger an, als das Canon 10-18 IS STM, da es aus Metall und deutlich hochwertiger verarbeitet ist. Dadurch ist das 10-22 USM natürlich auch etwas schwerer als das 10-18 IS STM, aber noch immer leicht genug, um es bequem auf Reisen dabei zu haben. Sehr gut gefällt mir die integrierte Abstandsanzeige des 10-22 USM, die beim 10-18 IS STM fehlt. Da das 10-22 USM keinen Bildstabilisator hat, gibt es natürlich auch nur einen Schalter, der den Autofokus aktiviert bzw. deaktiviert.

Beim Fotografieren merke ich schnell, dass der AF zuverlässig und flott arbeitet. Die Bilder erscheinen scharf. Die Haptik ist sehr gut, da ich die Größe als angenehmer empfinde, als die des 10-18 IS STM. In der Lichtstärke, bei der das 10-22 USM mit knapp einem Stop mehr punktet, bemerke ich beim Fotografieren kaum einen Unterschied. Speziell bei hellem Tageslicht wirkt sich auch der fehlende Bildstabilisator bei Blenden bis f/11 nicht wirklich aus.

Am Monitor betrachtet bin ich mit den Bildern des 10-22 USM sehr zufrieden, erkenne aber in den meisten Fällen keine wesentlichen Unterschiede zum 10-18 IS STM. Doch dazu gleich mehr.

Vorteile des Canon 10-22 USM

  • Hochwertig verarbeitet.
  • Angenehmer Brennweitenbereich.
  • Überzeugende Bildqualität.
  • Sehr gutes Verhalten im Gegenlicht.
  • Angenehmes Bokeh.
  • Schneller und leiser AF.

Nachteile des Canon 10-22 USM

  • Kein Bildstabilisator.
  • Deutlich teurer als das Canon 10-18 IS STM.
  • Filtergröße 77 bedingt etwas teurere Filter.
  • Leichte Verzerrungen und geringe chromatische Aberrationen je nach Brennweite.

Canon 10-22 USM versus Canon 10-18 IS STM

Canon 10-22 USM versus Canon 10-18 IS STM

Handling, Gewicht & Verarbeitung

Beide Objektive sind leicht, wenngleich das Canon 10-18 noch einmal deutlich leichter ist, als das Canon 10-22 USM. Mir persönlich gefällt das Handling mit dem Canon 10-22 USM etwas besser. Auch das Gewicht führt zu einer für mich spürbar ausgewogeneren Balance in Kombination mit meiner 7D Mark II. Das Canon 10-18 IS STM ist zwar hauptsächlich aus Kunststoff, aber trotzdem sehr gut verarbeitet. Ich habe es seit rund 2 Jahren in Gebrauch, ohne dass es Verschleißerscheinungen zeigt. Das Canon 10-22 USM ist dagegen aus Metall, was sich einfach gut anfühlt.

Für mich hat das Canon 10-22 USM in dieser Sparte leicht die Nase vorn.

Brennweite

Gut, hier brauche ich nicht viele Worte verlieren. Das Canon 10-22 USM hat einfach 4 mm mehr Brennweite am langen Ende. Da ich das Weitwinkelobjektiv aber vor allem im Bereich von 10 bis 14 mm Brennweite einsetze, ist das für mich kein echter Vorteil. Ist also vernachlässigbar.

Unentschieden mit leichtem Vorteil beim Canon 10-22 USM.

Bildqualität und Schärfe

Beide Objektive sind wirklich gut, was die Bildqualität angeht. Ich war mit beiden unterwegs und habe sehr viele Freihandaufnahmen gemacht. Das Canon 10-18 mm kommt dabei geringfügig besser weg, wenn ich mir die Bilder im Nachinein in der 1:1 Vergrößerung am PC anschaue. Ist ja aber dank des Bildstabilisators auch kein Wunder.

Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie der Vergleich ohne Bildstabilisator ausgeht, habe ich beide Objektive in annähernd gleicher Position an meine 7D Mark II geschraubt und einfach mal aus dem Fenster ein paar Probeaufnahmen mit konstanter Blende von f/16 gemacht. Beim Canon 10-18 mm habe ich natürlich den Bildstabilisator deaktiviert.

Ich musste schon sehr genau hinschauen, um Unterschiede zu erkennen. Insgesamt scheint das 10-18 mm etwas kräftigere Farben zu produzieren. Bei der Bildschärfe im Zentrum nehmen sich beide fast nichts. Am Rand betrachtet liegt bei einer Brennweite von 10 mm das Canon 10-22 leicht vorn, bei einer Brennweite von 18 mm empfinde ich das Canon 10-18 IS STM als schärfer. Der Unterschied ist also wirklich minimal.

Davon abgesehen neigt mein Canon 10-18 mm bei einer Brennweite von 10 mm zu geringfügig mehr Verzeichnung. In der Vignettierung konnte ich keine Unterschiede feststellen.

Nachfolgend entsprechende 1:1 Bildausschnitte (unbearbeitet, RAW) im direkten Vergleich:

Alle diese Bilder sind mit Blende f/16 aufgenommen, eine für Landschaftsaufnahmen recht typische Blende mit viel Tiefenschärfe, die ich gern verwende. Ich habe natürlich auch andere Blenden getestet – die Ergebnisse fielen analog aus, weshalb ich auf weitere Beispiele dafür an dieser Stelle verzichte.

Halte ich also mal fest – im Freihand Einsatz produziert das Canon 10-18 mm dank des Bildstabilisators leicht schärfere Bilder, auf dem Stativ, wo dieser Vorteil wegfällt, hat das Canon 10-22 mm minimal die Nase vorn – und das hauptsächlich auch nur in den Randbereichen am kurzen Ende der Brennweite.

Canon 10-22 USM versus Canon 10-18 IS STM

Lichtstärke und Offenblende

In der Lichtstärke nehmen sich die beiden Objektive nicht sehr viel. Während das 10-18 IS STM eine Lichtstärke von f/4.5 – f/5.6 aufbietet, liegt das 10-22 USM mit f/3.5 – f/4.5 leicht vorn. Im direkten Vergleich gewinnt Letzteres also auf dem Stativ. Berücksichtigt man bei Freihand-Aufnahmen jedoch den Bildstabilisator des  10-18 IS STM, dann liegt dieses wiederum vorn.

Für die Offenblende in Abhängigkeit von der Brennweite ergeben sich folgende Werte …

Canon 10-18 IS STM

Brennweite10 mm11 mm15 mm
Offenblendef/4.5f/5.0f/5.6

versus

Canon 10-22 USM

Brennweite10 mm13 mm18 mm
Offenblendef/3.5f/4.0f/4.5

Die Vorteile der höheren Lichtstärke werden durch den Bildstabilisator meiner Meinung nach vollständig ausgeglichen.

Preis

Der Preis ist ein ganz entscheidender Faktor bei der Kaufentscheidung, denn das Canon 10-22 ist – selbst wenn es geringfügig die Nase vorn hat, mehr als doppelt so teuer als das deutlich preiswertere Canon 10-18 IS STM. Aktuell stehen sich hier Preise von rund 530 und 230 Euro gegenüber. Wiegen also knapp 300 Euro mehr die bessere Verarbeitung und die geringfügig bessere Abbildungsleistung (auf dem Stativ!) in bestimmten Brennweiten auf? In meinen Augen definitiv nicht! Das Geld gebe ich lieber an anderer Stelle für anderes Equipment aus.

Das Canon 10-18 mm hat einen im Vergleich deutlich attraktiveren Preis und somit auch das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis.

Wesentliche Unterschiede in der Übersicht

Canon 10-18 IS STMCanon 10-22 USM
Brennweite 10-18 mm10-22 mm
Lichtstärke4,5 – 5,63,5 - 4,5
Optischer Aufbau14 Linsen in 11 Gruppen13 Linsen in 10 Gruppen
Naheinstellgrenze22 cm24 cm
Filterdurchmesser67 mm77 mm
VerarbeitungPlastik Metall
Gewichtca. 240 gca. 385 g
Abmessungenca. 75 x 72 mmca. 84 x 89 mm
Bildqualitätsehr gutsehr gut
Bildstabilisator (Stufen)4.0Nicht vorhanden
AbstandsanzeigeKeineVorhanden
AF-MotorSTMUSM
Preis aktuellca. 230 EURca. 530 EUR

Lohnt es sich, das Canon 10-18 mm gegen das 10-22 mm zu ersetzen?

Beide Objektive sind kurz gesagt eine sehr gute Wahl. Bei Freihandaufnahmen unterwegs und auf Reisen schlägt das Canon 10-18 IS STM meiner Meinung nach das Canon 10-22 USM  klar in 3 Punkten: Es ist leichter, es produziert dank Bildstabilisator aus der Hand schärfere und bessere Bilder und es ist auch noch deutlich preiswerter in der Anschaffung.

Für das Canon 10-22 USM dagegen sprechen etwas schärfere Bilder auf dem Stativ und die in meinen Augen bessere Verarbeitung. Wenn du also tatsächlich Landschaften vor allem auf dem Stativ fotografierst und es dir dabei auf das letzte Quäntchen Schärfe auch in den Ecken ankommt, dann solltest du dich für das Canon 10-22 USM entscheiden. Ansonsten gibt es meiner Meinung nach keinen Grund, das eine gegen das andere zu ersetzen. Die Unterschiede in der Bildqualität sind sehr gering. Je nach vorwiegender Verwendung hat jedoch das eine oder eben das andere die Nase leicht vorn.

Da ich mein Weitwinkel-Objektiv vor allem auf Reisen nutze und dort viel aus der Hand fotografiere, werde ich mein Canon 10-18 IS STM nicht ersetzen. Für die wenigen Stativaufnahmen, die ich unterwegs mache, lohnt sich diese Ausgabe nicht.

Ich werde weiter auf ein neues Weitwinkel-Objektiv warten, das mich wirklich aus den Schuhen haut. Bisher schafft das keines der auf dem Markt für APS-C erhältlichen Objektive im Weitwinkelbereich! Das gilt übrigens auch für die Tamron, Tokina und Sigma Alternativen, von denen ich inzwischen auch schon einige getestet habe.

Canon 10-22 USM versus Canon 10-18 IS STM

Alternativen der Konkurrenz

Meiner Meinung nach schlägt keine der Alternativen die beiden Canon Weitwinkel Pendants. Einzig das Tokina hat eine deutlich bessere Abbildungsleistung, dafür aber Probleme in der Qualität und im Gegenlicht. Alle anderen Objektie agieren etwa auf gleichem Niveau, wobei ich persönlich die Canon Objektive favorisiere.

Fazit

Das Canon 10-22 USM zeigt die höherwertige Verarbeitung, eine bessere Haptik, einen Abstandsmesser und 4 mm mehr Brennweite. Aber da, wo es mir wirklich ankommt – nämlich bei der Bildqualität und der Abbildungsleistung, punktet es nur geringfügig. Außerdem besitzt es im Gegensatz zum Canon 10-18 IS STM keinen Bildstabilisator. Hier gebe ich also ein Unentschieden. Deutlich nachteilig ist der mehr als doppelt so hohe Preis. Meiner Meinung nach sind die anfangs aufgezählten, wenigen Vorteile diese 300 Euro nicht wert.

Mein Rat daher: Wenn du viel auf Reisen Freihand fotografierst oder dir der Preis wichtig ist, dann entscheide dich für das Canon 10-18 IS STM. Fotografierst du vorrangig auf dem Stativ und der Preis ist für dich zweitrangig, dann entscheide dich für das Canon 10-22 USM. Besitzt du bereits eines der beiden Objektive, dann behalte es. Ein Tausch lohnt die Zusatzinvestition definitiv nicht. Beide Objektive agieren in der Bildqualität auf ähnlich hohem Niveau!

Mein Traum von einem Weitwinkel-Objektiv

Wenn ich mir übrigens ein Weitwinkel-Objektiv wünschen könnte, dann hätte es folgende Eigenschaften: Es wäre ein Weitwinkel mit Brennweite 10-16 mm und einer Lichtstärke von etwa 2.0 bis maximal 3.5. Das Teil hätte einen Bildstabilisator und die Bildqualität mit deaktiviertem IS müsste auf Niveau des Tokina AT-X oder drüber liegen, ohne jedoch dessen Schwächen im Gegenlicht aufzuweisen. Eine gute Verarbeitung bei einem Gewicht von maximal 600 g gepaart mit einem Preis unterhalb von 600 Euro wären toll. Natürlich für APS-C optimiert und ohne merkliche Probleme mit Vignettierung und chromatischer Aberration, sowie nur geringer Verzerrung.

Würde ich sofort kaufen! Also bitte, liebe Objektiv Hersteller – strengt euch an!