Es gibt so Momente, da fangen meine Gedanken einfach an, sich zu verselbstständigen. In letzter Zeit passiert mir das gefühlt öfter als früher. Das mag daran liegen, dass ich älter werde, hat aber auch viel mit dem aktuellen Weltgeschehen zu tun.

Beim täglichen Blick in die Nachrichten könnte ich eigentlich nur noch kotzen. Machen wir mal eine kurze Bestandsaufnahme für 2017:

Das ist so zum Brechen.

Natürlich gab und gibt es Gewalt, Terror & Mord schon seit Angesicht der Menschheitsgeschichte.

Und doch frage ich mich, warum?

Warum schaffen wir Menschen es nicht, uns selbst neu zu erfinden, die nächste Stufe zu erreichen? Krieg, Ausrottung, Unterdrückung und Ähnliches hinter uns zu lassen? Das Wunder des Lebens, das uns alltäglich umgibt, zu sehen, zu würdigen, zu respektieren und zu achten?

Du musst dir nur mal Folgendes vor Augen führen: Da stehen wir Menschen heute mit unserem über Jahrhunderte angeeignetem Wissen. Wir können in hoch komplexen Verfahren künstliche Materialien herstellen. Können aus diesen mittels kompliziertester Prozesse Maschinen und Computer bauen, die wiederum genutzt werden, um vielfältigste Produkte aller Art herzustellen, die nach jahrelanger Design Arbeit entstehen, Probleme lösen oder uns einfach nur das Leben angenehmer machen. Und doch bestehen alle diese Dinge, besteht jede Pflanze und auch wir letztendlich nur aus winzig kleinen Teilchen, die mithilfe elektrischer Ladungen, kleinster Massen und einfachen Kräften miteinander interagieren.

Verrückt, oder?

Kein Wunder also, dass auch heute noch weite Teile der menschlichen Bevölkerung an Gott glauben. Denn, wenn man mal über das Wunder des Lebens nachdenkt, dann erscheint es fast unmöglich, dass so etwas wie Leben aus einem Zufall heraus entstanden ist – überhaupt entstehen konnte.

Wir sind heute in der Lage, Computer mit gewaltigen Rechenleistungen zu bauen und zu nutzen. Wir arbeiten an tatsächlicher, künstlicher Intelligenz. Wir haben es geschafft, schon vor rund 50 Jahren mit Computern und Mitteln zum Mond zu fliegen, die heute wohl jedem Heim PC unterlegen sind. Wir spalten Atome. Wir sind in der Lage, Teleskope zu bauen, die Milliarden Lichtjahre weit in ferne Galaxien blicken können. Wir können Gene, die Bausteine des Lebens, manipulieren, Leben formen und sogar künstlich erschaffen.

Wahnsinn! Das ist unglaublich und faszinierend zugleich.

Doch auf der anderen Seite schaffen wir mit diesem Wissen auch Waffen. Wir bekriegen uns. Erobern. Vernichten.

Warum zum Teufel kann ein Gene Roddenberry schon vor 50 Jahren gedanklich ein Universum erschaffen, indem die Menschen über sich hinauswachsen und Krieg und Kapitalismus zugunsten gemeinschaftlichem Wohl aller Menschen abschaffen, während wir heute noch immer keinen Schritt weiter sind?

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Unsere Erde – nur ein Stern unter unendlich vielen

Wird diese Vision für immer eine Utopie bleiben?

Warum muss ich Tag für Tag News von Putin, Erdogan, Le Pen, Trump & Co ertragen, die mich einfach nur noch den Kopf gegen die Wand schlagen lassen?

Warum nutzen wir Menschen seit je her unser Wissen, um immer gefährlichere und tödlichere Waffen zu bauen?

Warum bauen wir Atombomben, die in einem winzigen Augenblick das Leben von Millionen Menschen auslöschen können?

Mit welchem Recht beenden wir das Leben anderer überhaupt? Im Namen anderer. Auf territorialem Gebiet, das wir für uns beanspruchen, das jedoch schon lange vor uns da war und wohl auch lange nach uns da sein wird?!

Das Leben und die Natur sind so unglaublich kostbare Güter.

Dass wir überhaupt in der Lage sind, uns über solche Dinge bewusst zu werden, unser Selbst bewusst zu sein, ist doch schon ein Wunder.

Warum schaffen es aber so viele Menschen nicht, mal ihren „gesunden Menschenverstand“ einzuschalten?

Warum verfolgen wir Ziele, die zur Unterdrückung anderer führen? Nur um selbst noch komfortabler zu leben? Auf den Kosten anderer? Gibt es nicht auch Wege, unser Wissen und unsere Fähigkeiten zu nutzen, um das Leben aller Menschen zu verbessern?

Ich bin bestimmt nicht der erste, nicht der einzige und auch nicht der letzte, der sich das fragt. Und vermutlich, wird es auch in 1.000 Jahren noch Menschen geben, die sich das genauso fragen – wenn es uns Menschen denn dann noch gibt?!

Denn allen Wundern und meinem eigenen gnadenlosen Optimismus zum Trotz traue ich es uns Menschen zu, dass wir uns eines Tages komplett selbst ausradieren.

Traurig, aber wahr.

Das Leben wird damit sicher nicht enden. Es wird neu beginnen, neue Evolutionsschritte durchlaufen und erneut bewusst denkende und hoch intelligente Arten erschaffen. Da bin ich mir recht sicher. Aber wird die heutige Menschheit das noch miterleben, beobachten oder erforschen können?

Ich weiß es nicht, hoffe es aber sehr!

Und ja, ich möchte dran glauben, dass wir Menschen es schaffen, uns selbst weiter zu entwickeln, uns auf eine neue, friedlichere und „menschlichere“ Stufe zu stellen.

Im Moment jedoch zweifle ich daran, wenn ich mir das aktuelle Weltgeschehen so ansehe.

Nach den relativ friedlichen 1990er Jahren, dem Ende des kalten Krieges, verstärkter Globalisierung mit so beeindruckenden Entwicklungen wie das Entstehen eines gemeinsamen Europas, gemeinsamen Bestrebungen zur Erhalt unserer Natur, Klimagipfeln und vielem mehr, sehe ich heute eine komplette Kontraktion dessen.

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Wunder des Lebens – zarte Rose

Konservative und nationalistische Strömungen werden stärker. Tagtäglich sind die Nachrichten voll von Kriegsberichten, von Mord, Terror und Zerstörung. Der Glaube wird missbraucht, um andere Kulturen und Völker auszugrenzen, wird als Vorwand genutzt, Menschen zu bekämpfen, zu unterdrücken und zu erniedrigen.

Das angeblich mächtigste Land der Welt, einst selbst aus Einwanderern gegründet und als Schmelztiegel von Nationen bezeichnet, wählt einen Mann zum Präsidenten, der ausgrenzt, der „America First“ verkündet, der sich frauen- und menschenfeindlich äußert und eine Politik betreibt, die ich in weiten Teilen einfach nur verurteilen kann, so man es denn überhaupt als Politik bezeichnen möchte.

In der Türkei ist ein Staatschef gerade dabei, unter den Augen erpressbarer Europäer ein Präsidial-System zu erschaffen, das längt faktisch eine Diktatur ist. Er verhaftet kurzerhand einfach alle anders Denkenden und das anscheinend auch noch mit der Mehrheit der Bevölkerung im Rücken. Auf China, Russland oder Nordkorea will ich gar nicht erst eingehen.

Steht es mir zu, diese Staatsformen zu verurteilen, sie einer Demokratie, wie wir sie in Deutschland haben, unterzuordnen? Wahrscheinlich nicht. Wer weiß schon, was die beste und geeignetste Staatsform ist, um möglichst vielen Menschen ein angenehmes Leben zu ermöglichen?!

Ich kann nur für mich selbst sprechen. Ich habe die DDR erlebt, bin dort aufgewachsen. Der Sozialismus hatte Vorteile, aber eben auch gehörige Nachteile. Ich bin froh, heute in einem freien und demokratischen Staat zu leben. Ich bin glücklich, dass ich quasi frei reisen darf. Dass ich einen gut bezahlten Job habe – übrigens auch in einer Hightech Branche, der Medizintechnik – der mir nicht nur Spaß macht, sondern durch den ich auch an Produkten arbeiten darf, die anderen Menschen helfen, ihnen das Leben erleichtern und ihnen verlorene Lebensqualität zurückgibt. Ich habe eine tolle Familie. Kann über mein Leben weitestgehend frei bestimmen. Kann meine Meinung frei äußern. Muss weder hungern, noch ums Überleben kämpfen.

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Brandenburger Tor mitten in Europa

Bin ich privilegiert? Absolut. Allein schon deswegen, weil ich eben im Herzen Europas aufgewachsen bin und wohne. Mein Leben sähe sicher völlig anders aus, wenn ich in Afrika geboren worden wäre. Natürlich habe ich mir mein eigenes Leben auch selbst aufgebaut, habe für den Lebensstandard, den ich führe und schätze viel getan. Aber mir ist sehr wohl auch bewusst, dass ich unglaubliches Glück mit den Umständen hatte. Und dieses Glück hat leider nicht jeder Mensch. Auch das ist mir bewusst.

Sollten wir Privilegierten, gut Situierten und gut Lebenden nicht daher auch versuchen, anderen zu helfen, ein „Stück vom Glück“ abgeben? Natürlich ist der Mensch oft zunächst einmal auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Bin ich auch. Alles andere wäre gelogen. Bis auf wenige Ausnahmen wird es kaum Menschen geben, die völlig selbstlos all ihr Hab & Gut, ihre Arbeitskraft, ihr Tun und Sein, anderen zuliebe opfern und geben. Meinen höchsten Respekt all denen, die genau das trotzdem tun.

Aber ich glaube, es wäre schon ein Anfang, wenn jeder für sich drüber nachdenken würde, wie er in kleinem Maße, anderen helfen kann. Was er entbehren oder tun kann, um auch das Leben eines Nachbarn, eines Freundes oder eben auch eines völlig Fremden ein Stück weit besser machen zu können.

Allein mit diesem Gedanken wäre die Welt schon ein Stück weit besser.

Davon abgesehen würde ich mir mehr Respekt anderen gegenüber wünschen. Mehr Respekt und Achtung vor dem Leben. Vor den Wundern der Natur. Vor anderen Kulturen. Vor anders Denkenden.

Bin ich der einzige, der vor atemberaubenden Landschaften oder Wundern der Natur steht und offenen Mundes staunt, was alles möglich ist? Der fasziniert ist davon, zu was wir Menschen alles in der Lage sind? Davon, dass es überhaupt so etwas wie Leben gibt?!

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Natur pur – herrliche irische Landschaft

Ich kann mich nur wiederholen. Wir leben in einer hochkomplexen Welt, in komplizierten Wirtschaftskreisläufen, in soziologisch mitunter schwer zu durchschauenden Gesellschaften, wenden Wissen und Fähigkeiten an, die schier unglaublich sind und doch bestehen wir alle nur aus verhältnismäßig einfachen Molekülen und Atomen.

Wir sollten einfach nur dankbar sein, dass es dieses Wunder, dass es uns Menschen in dieser Form überhaupt gibt!

Warum zum Teufel bekriegen wir uns? Rotten uns aus? Bauen Waffen, um das Leben anderer zu beenden? Warum läuft in der Weltpolitik zurzeit so vieles aus dem Ruder? Ist der zeitliche Abstand zum letzten, furchtbaren Weltkrieg schon wieder so groß geworden, dass in Vergessenheit gerät, wie viel Leid und Tod allein dieser Krieg gebracht hat? Muss es wirklich erst noch einen dritten Weltkrieg geben, bevor die Menschheit wieder zur Vernunft kommt?

Falls es denn ein „danach“ überhaupt gibt?!

Ist das normal? Können wir Menschen nicht anders? Das kann und will ich nicht glauben. Ja, ich bin ein gnadenloser Optimist. Werde es immer sein. Und ja, ich weiß, meine Gedanken, die ich gerade niederschreibe, werden wie die vieler anderer, ähnlich denkender Menschen verhallen, ohne die Welt zu ändern und ohne gehört zu werden. Und trotzdem schreibe ich sie nieder. Denn ich finde es wichtig, sich selbst und anderen bewusst zu machen, wie wertvoll das Leben ist, wie groß das Geschenk ist, das wir alle erhalten haben.

Ich für meinen Teil möchte dieses Wunder noch in vielen unterschiedlichen Fassetten erleben und genießen dürfen. Ich möchte reisen. Möchte mir beeindruckende Bauwerke wie die chinesische Mauer als Zeugnisse menschlicher Ingenieurskunst ansehen.

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Technischer Fortschritt – moderner Hochhauskomplex

Möchte andere Kulturen und Menschen kennenlernen. Möchte beeindruckende Wasserfälle, abwechslungsreiche Landschaften erleben, Natur genießen dürfen. Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge offenen Mundes bestaunen. Länder sehen, von denen ich bisher nur gelesen oder geträumt habe.

Und das alles, ohne Angst um mein Leben oder meine Sicherheit haben zu müssen!

Ich möchte sehen, wie Blumen in einer Wüste aufblühen. Wie und wo Leben trotz großer Hitze oder auch Kälte möglich ist. Möchte die Schönheit Alaskas bewundern, Tiere in Afrika beobachten und so vieles, vieles mehr.

Ich möchte abends die Nachrichten anschalten können und sehen, was es Tolles, Spannendes und Neues in der Welt gibt, ohne ständig mit Gewalt und Krieg konfrontiert zu werden – nicht, weil solche Schattenseiten ignoriert werden, sondern weil es sie nicht mehr gibt!

Ich weiß, das sind große Wünsche. Vielleicht sind sie auch einfach nur egoistisch. Aber ich für meinen Teil habe zurzeit echt die Schnauze voll von Krieg, von Nationalismus, von Zerstörung, Unterdrückung, Ausgrenzung und Intoleranz!

Und wovon träumst du?