Das Winchester Mystery House in San José, Kalifornien ist wohl eines der Häuser, die mich auf meinen Reisen bisher am meisten fasziniert haben. Ich hatte bisher zwei Mal die Gelegenheit, es zu besuchen und war jedes Mal begeistert von der Geschichte dieses Hauses, von der schrägen Architektur und den vielen kleinen und großen Dingen, die dieses Haus so einzigartig machen.

Winchester Mystery House

 

Was macht das Winchester Mystery House so besonders?

Das Winchester Mystery House befindet sich in San José im Silicon Valley, Kalifornien. Es ist heutzutage eine der größten Attraktionen der Hightech Metropole und zieht jedes Jahr Tausende in seinen Bann. Einst gehörte das Haus Sarah Winchester, eine Erbin des Winchester Clans, der wohl vor allem des berühmten Gewehres wegen recht bekannt ist.

Kuriositäten im Winchester Mystery House

  • Türen, nach deren Öffnen man vor einer Wand steht.
  • Eine Treppe, die sieben Stufen hinab und dann wieder elf hinauf führt.
  • Eine Treppe, die einfach in der Decke endet.
  • Türen, die in den Abgrund führen.
  • Ein Schornstein, der kurz unter dem Dach endet.
  • Verkehrt herum montierte Pfosten an den Möbeln.
  • Spinnennetz-Muster im Design von Fenstern.
  • … und vieles mehr!

Wo fängt man an, ein solches Haus zu beschreiben? Vielleicht erst einmal ein paar Zahlen. Das Haus besitzt 160 Räume völlig verschiedener Größen – ein Viertel davon sind Schlafzimmer! Die Räume verteilen sich auf 4 Etagen (vor dem großen Erdbeben in San Francisco im Jahr 1906 waren es sogar 7). 47 Kamine, 17 Schornsteine, diverse Geheimgänge und sage und schreibe über 1.000 Fenster gehören zu diesem wunderlichen Gebäude. Es gibt 47 Treppen, 6 Küchen und 13 Badezimmer. Und da ist sie auch schon, die Zahl 13. Dieser begegnet man in dem Haus aus gutem Grund sehr häufig.

Die Zahl 13

Viele Fenster im Haus bestehen aus 13 Glasscheiben. Das 13. Badezimmer hat zudem genau 13 Fenster. 13 Stufen führen zu diesem Badezimmer. Im Zimmer direkt vor dem Badezimmer gibt es 13 Wand-Paneele. Der Fußboden der Eingangshalle besteht aus 13 Segmenten. Im Séance-Zimmer gibt es 13 Haken – wohl für 13 verschiedene Roben, die die gute Sarah Winchester einst benutzte, wenn sie mit den Geistern kommunizierte. Auch viele andere Treppen im Haus bestehen aus 13 Stufen. Im Gewächshaus gibt es 13 Glaskuppeln. Auf jeder Seite des Fahrstuhles gibt es 13 Quadrate. Die Abfluss-Abdeckungen besitzen 13 Löcher. Der Kronleuchter im Ballsaal besitzt 13 Lichter. Zufall? Mitnichten! Sarah Winchester beschäftigte nie mehr als 13 Zimmerleute und ihr Testament gliederte sie in 13 Teile. Woher diese Faszination – oder vielmehr Obsession – kam, ist erst zu verstehen, wenn man sich mit der Lebensgeschichte von Sarah Winchester beschäftigt.

Das Leben der Sarah Winchester

Sarah Winchester wurde 1840 als Sarah Lockwood Pardee geboren. Sie besuchte die besten Privatschulen, sprach 4 Sprachen und konnte wundervoll Klavier spielen. 1862 heiratete sie William Wirt Winchester, dem Sohn von Oliver Fisher Winchester, Vizegouverneur von Connecticut und Hersteller der berühmten Winchester Repetiergewehre. Das Ehepaar führte ein glückliches Leben in der High Society bis plötzlich im Jahr 1866 ihre Tochter Annie an einer mysteriösen Kinderkrankheit verstarb.

Von diesem Schock erholte sich Sarah Winchester nie völlig. Sie begann, unter Depressionen zu leiden. Doch der Tod ihrer geliebten Tochter sollte nicht die einzige Tragödie bleiben. 1881 erkrankte und starb ihr Mann an Tuberkulose, was die gute Sarah Winchester fast in den Wahnsinn trieb. Unglücklich, verunsichert und depressiv suchte sie Hilfe bei Geistheilern. Diese machten ihr weis, dass ihr Unglück durch Geister verursacht wird, die sie und ihre Familie heimsuchen – Geister der getöteten Ureinwohner und Soldaten des Bürgerkriegs, die zu Hunderten durch Kugeln aus den Winchester Gewehren gestorben waren. Diese Geistheiler waren es auch, die ihr rieten, in den Westen zu ziehen und dort ein großes Haus für die Geister zu bauen, um sie zu besänftigen.

Winchester Mystery House

 

1884 erwarb sie daraufhin ein nicht fertig gestelltes Haus 3 Meilen westlich vom damaligen San José, das sie von nun an bis zum Zeitpunkt ihres Todes im Jahr 1922 stetig umbaute, erweiterte und ihren Vorstellungen entsprechend veränderte. Der Sage nach übernachtete sie jede Nacht in einem anderen Zimmer, um nicht von den Geistern gefunden zu werden. Aus diesem Grund gibt es auch so viele Gänge, Irrwege, Sackgassen u.ä. im Haus, das im Laufe der Zeit zu einem einzigen Labyrinth werden sollte. Sarah Winchester wollte auf diese Weise die Geister der Toten verwirren sowie sie durch allerlei magische Vorkehrungen bannen.

Wusstest du, dass Geschichten um das Haus Stephen King zu seinem Drehbuch für „Das Haus der Verdammnis“ inspirierten und es auch eine Episode der Drei Fragezeichen mit dem Titel „Haus des Schreckens“ gibt, das sich auf das Winchester Mystery House bezieht?!

Die Erbin der Winchesters verfügte dabei über ein nahezu unerschöpfliches Millionen-Vermögen. Allein die Aktienanteile an der Firma verschafften ihr ein tägliches Einkommen von 1.000 Dollar, was zu damaliger Zeit eine ungeheure Summe war. Doch nicht nur sie profitierte davon, sondern auch ihre Angestellten. Diesen bezahlte sie doppelt so viel wie damals üblich. Auch zu Kindern war sie stets großzügig und freundlich. So durften diese auf ihrem Grundstück spielen und auch Eis spendierte sie ihnen oft.

Mich würde allerdings interessieren, was wohl die Kinder und natürlich auch Mitmenschen über Sarah Winchester dachten. Denn vom merkwürdigen Haus mal abgesehen, gab es noch zwei weitere Auffälligkeiten. Zum einen verließ Sarah Winchester fast nie ihr Haus, zum anderen verhüllte sie ihr Gesicht fast immer mit einem schwarzen Tuch. Gerüchten zufolge feuerte sie sogar Angestellte, die zufällig einen Blick auf ihr Gesicht erhascht hatten. Ich vermute, auch das steht mit ihrem Glauben und Denken über die Geisterwelt in Zusammenhang.

Geisterstunde

So ist es aus heutiger Sicht auch nicht weiter verwunderlich, dass jede Nacht um 0 Uhr und um 2 Uhr eine Glocke im Haus von Sarah Winchester läutete, die auch von den Nachbarn wahrgenommen wurde. Denn um 0 Uhr beginnt die Geisterstunde. Sarah Winchester hielt jede Nacht zu dieser Zeit eine nächtliche Séance ab – angeblich, um mit den guten Geistern über die Umbaupläne im Haus und über Pläne zu ihrem eigenen Schutz vor den bösen Geistern zu sprechen. Ob sie dabei auch Kontakt zu ihrem verstorbenen Mann und ihrer Tochter aufzunehmen versuchte, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. Aber es würde mich nicht wundern.

Das Winchester Mystery House

Diese, mit den guten Geistern besprochenen Umbaupläne führten auch dazu, dass im Laufe der Zeit geschätzt rund 500 – 600 Zimmer im Haus gebaut, gestaltet, eingerichtet und eben auch wieder umgebaut und verworfen wurden. Wann immer ein Zimmer fertig war, scheute Sarah Winchester keine Kosten und Mühen, dieses Zimmer aufs Edelste einzurichten. Gold, Silber, Marmor, Rosenholz, Mahagoni, importiertes und unverschämt teures Glas von Tiffanys – alles war möglich. Doch genauso wenig zagte sie, einen solchen Raum wenig später auch wieder einer Neugestaltung zu unterwerfen.

Winchester Mystery House

 

Doch bei alledem achtete sie zugleich auch darauf, dass das Haus im viktorianischen Stil der Jahrhundertwende trotzdem auch ausgesprochen modern und praktisch ausgestattet wurde. Für das Gewächshaus wurde ein Fußboden erfunden, der während der Bewässerung einfach hochgeklappt werden konnte, so dass er trocken blieb. Ein hochmodernes elektrisches Signalsystem wurde installiert, damit die Angestellten jederzeit und schnell zu ihren Diensten sein konnten – egal, wo im Hause sie sich gerade aufhielt. Und auch der Fahrstuhl und andere Annehmlichkeiten waren für damalige Verhältnisse hoch modern.

Das Erdbeben 1906

Das große Erdbeben im Jahr 1906 in San Francisco hinterließ natürlich auch in San José Spuren der Verwüstung. Der Turm des damals noch 7-geschossigen Hauses (Der Turm enthielt 3 Geschosse) stürzte ein, etliche Kuppeln wurden zerstört und auch Sarah Winchester selbst wurde ernsthaft verletzt. Man fand sie erst Stunden nach dem Beben halb verschüttet in einem der vorderen Schlafzimmer ihres Hauses, wo sie die Katastrophe überlebt hatte.

Doch auch dieses Vorkommnis interpretierte sie als Warnung der Geisterwelt, dass sie zu viel Geld und Zeit in die Fertigstellung des vorderen Teils ihres Hauses gesteckt hatte. Sobald die strukturell notwendigen Reparaturarbeiten am Haus abgeschlossen waren, ließ sie die vorderen 30 Räume inklusive ihres Lieblings-Schlafzimmers, wo man sie nach dem Beben gefunden hatte, versiegeln. Die wunderschöne Eingangstür wurde seitdem nicht mehr benutzt.

Eine der vielen Mythen rund um das Haus erzählt auch die Geschichte, dass eines Tages sogar der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, der glühender Verehrer der Winchester Feuerwaffen war, persönlich an die vordere Eingangstür geklopft haben soll und abgewiesen wurde. Die einen sagen, der Gärtner hätte ihn nicht erkannt und einfach wie jeden anderen auch angewiesen, hinten herum zu gehen. Andere behaupten, Sarah Winchester selbst hätte ihm den Eingang verwehrt. Varianten davon gibt es etliche – aber alle eint der Fakt, dass diese Vordertür von keinem Menschen mehr durchschritten wurde. Und auch zuvor gab es nur 3 Menschen, die die Schwelle dieser Tür überhaupt überquert hatten: Sarah Winchester und die beiden Arbeiter, die die schwere, verzierte Tür installiert hatten. Wie viel Wahrheit in diesen Geschichten steckt, lässt sich natürlich schwer sagen – aber über sie zu lesen und sich auf die tolle Atmosphäre des Hauses einzulassen, ist einfach nur toll!

Sarah Winchester starb im Alter von 82 Jahren am 22. September 1922 an den Folgen einer Herzattacke. Erst an diesem Tag wurden die Bauarbeiten am Winchester Mystery House eingestellt.

Das Winchester Mystery House heute

Nach umfassenden Renovierungsarbeiten ist das Haus heute ein sehr gut gemanagtes Unternehmen, das zahlreiche Besucher täglich in seinen Bann zieht. Schon bevor man das eigentliche Haus im Rahmen sehr gut und straff organisierter Führungen betreten darf, wird man als Besucher durch den Souvenir Shop „Sarah’s Gift Shop“ geschleust, der eine unglaubliche Vielfalt an kleinen und großen Dingen mit Motiven rund um das Winchester Mystery House anbietet.

Natürlich haben auch wir hier kräftig zugeschlagen – kein Wunder, schließlich muss man die Wartezeit bis zum Beginn der Führungen ja irgendwie überbrücken. Sobald man seine Tickets kauft – oder zuvor reservierte Tickets an der Kasse abholt, bekommt man eine feste Führungs-Zeit genannt, zu der – voll automatisiert – im Innenhof aufgerufen wird. Der Führung selbst – beginnend mit einem obligatorischen Foto mit den berühmten Winchester Gewehren, das auch wir uns natürlich gegönnt haben – ist äußerst spannend.

Winchester Mystery House

 

Schriftliche Guides werden in verschiedenen Sprachen angeboten – die Tour selbst findet auf Englisch statt. Im Anschluss an eine solche Führung kann man die Gärten und einige Nebengebäude besichtigen, sowie das „Winchester Museum“ und das „Feuerwaffen-Museum“ erkunden. Auch ein nettes Café mit dem Namen „Sarah’s Café“ gibt es natürlich.

Tipp: An bestimmten Tagen – nämlich zu Halloween und an Freitagen, die auf den 13. fallen gibt es tolle Taschenlampen-Touren. Ich habe selbst das Glück gehabt, an Halloween eine solche Tour miterleben zu dürfen – ein unvergessliches und atmosphärisch unglaublich tolles Erlebnis!! Meinen Recherchen zufolge, soll es demnächst sogar möglich sein, im Winchester Mystery House zu übernachten. Auch das muss einfach klasse sein. Ach ja, fast vergessen, an den besagten Freitagen wird natürlich um 13 Uhr genau 13 Mal die Uhr des Glockenturms geläutet. Ich bin sicher, Sarah Winchester hätte das gefallen!

Zur Einstimmung auf einen Besuch im Winchester Mystery House empfehle ich euch eine Schwarz-Weiß Dokumentation von Lillian Gish aus dem Jahr 1963, die ihr hier findet.

Wie lauten die Öffnungszeiten?

Touren werden ganzjährig angeboten mit Ausnahme des 25. Dezembers, dem einzigen Tag, an dem das Haus geschlossen ist. Näheres dazu findet man hier.

Was kostet der Eintritt?

Es gibt verschiedene Touren und Specials. Die Preise rangieren dabei zwischen 14 und 70 Dollar pro Person. Die Tickets kann man bereits im Voraus online erwerben, was ich – wenn man sich sehr viel Wartezeit ersparen möchte – empfehle. Vor allem natürlich bei den Taschenlampen-Touren sind die Plätze begrenzt und sehr begehrt!

Kontakt

  • Adresse: 525 S Winchester Blvd San Jose, CA 95128
  • Web: winchestermysteryhouse.com
  • Mail: info@winchestermysteryhouse.com
  • Tel: +1 408 247 2101

Fazit zum Winchester Mystery House

Ich kann euch nur raten, diesem tollen Haus einen Besuch abzustatten, wenn es euch einmal ins Silicon Valley führt. Für mich war das Winchester Mystery House jedenfalls einer der Höhepunkt in San José – und das nun schon zwei Mal. Noch nie habe ich ein solch verrücktes Haus gesehen. Absolut spooky! Unbedingt anschauen!